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DIE ZEITSCHRIFT
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DIE ORGONOMISCHE BEHANDLUNG VON ZWEI FÄLLEN VON PANIKATTACKEN

Dr. med. Alberto Foglia

The Journal des Orgonomy vol. 28/2, 1994
The American College of Orgonomy

 

In der heutigen Psychiatrie gilt die Panikattacke als diagnostische Einheit an und für sich. Sie zeichnet sich durch plötzlichen Terror aus, der von vegetativen Symptomen wie Herzrasen, Zittern, profusem Schwitzen, Schüttelfrost, Schwindel, Atemnot und Schmerzen in der Brust begleitet wird. Panikattacken können mehrmals täglich, wöchentlich oder in längeren Intervallen auftreten (1).

Die Wort Panik kommt aus dem Griechischen: panikos, von Pan, dem Gott der Natur (2). Für die Griechen verursachte Pan, obwohl er für den Menschen immer unsichtbar blieb, die emotionale Angst- und Schreckensreaktion, die mit seinem Namen verbunden wird. Da Panik plötzlich und unerwartet auftritt, abgetrennt von jeder bewußten Wahrnehmung ihrer Quelle, wurde sie als das Gegenteil von Theolepsie betrachtet, d.h. dem Erleben der emotionalen Empfindung, die mit ihrem psychischen Inhalt als Totalität integriert ist (3).

Reich betrachtete Angst als Ergebnis einer bioenergetischen Expansion, die im Inneren blockiert und in ihrer Bewegung umgekehrt wird. Dies erlaubt es uns, Panik und die mit ihr verbundenen vegetativen Symptome darauf zurückzuführen, daß die Umkehr der Energiebewegung wieder zurück in Richtung des Kerns plötzlich und intensiv mit einer Kontraktion des gesamten Organismus auftritt. Das ist das Ergebnis eines Impulses, der droht durch den Panzer eines bestimmten Segments (d.h. Brust-, Augen-, usw.) durchzubrechen. Der Organismus wird durch die Plötzlichkeit und die Intensität der sympathischen Kontraktion in Kontakt gezwungen. Die folgenden beiden Falldarstellungen bieten klinische Beispiele für dieses Phänomen.

 

Erster Patient

Ein 40 jähriger Geschäftsmann kam wegen Depressionen, hypochondrischen Ängsten, chronischer innerer Unruhe und Panikattacken zur Therapie. Bei diesen Attacken erlebte er diffuse Muskelschmerzen, einen Schwindelanfall und das Gefühl von Schwere im Kopf. Diese Symptome hatten während einer Reise nach Süditalien begonnen, etwa ein Jahr bevor er sich vorstellte. Der Patient berichtete, daß jeder Urlaub traumatisch war, weil er extremes Heimweh hatte und sich einsam fühlte. Während jener besagten Reise entwickelte er akut schmerzhafte Symptome, die mit Nierensteinen verbunden waren. Das heruntergekommene Krankenhaus, in das er eingeliefert wurde, verstärkte nur sein Heimweh und seine innere Unruhe. Die Schmerzen in der Flanke hielten für mehrere Tage an und von diesem Zeitpunkt an litt er unter chronischer innerer Unruhe und regelmäßigen Panikattacken.

Die Anamnese ergab eine Hypertonie seit seinen Zwanzigern. Bei seiner Vorstellung war sein Blutdruck 160/110. Bei der biophysischen Untersuchung war er mäßig übergewichtig, durchschnittlich groß und machte einen kräftigen Eindruck. Seine Augen sahen sowohl erschrocken als auch traurig aus, sie wirkten unbeweglich und festgefahren. Das Becken war nach hinten gezogen und in allen Segmenten war die Panzerung ausgeprägt.

Mein Eindruck war, daß die Angst vor Reisen und die Nierenkolik seine zugrundeliegende Einsamkeit intensiviert und tiefere Gefühle unerträglicher Verzweiflung und Angst nach oben gebracht hatten. Charakterologisch hatte er eine phallische Struktur mit einem oral unbefriedigten Block.

In der ersten Therapiesitzung bat ich den Patienten zu treten und dabei zu schreien. Nachdem er das getan hatte, entspannte er sich, sein Blutdruck sank auf Normalmaß und ein Ausdruck der Trauer erschien auf seinem Gesicht. Für die nächsten Eineinhalbjahre mit etwa zwanzig Sitzungen konzentrierte sich die Behandlung hauptsächlich darauf, daß er seine Traurigkeit nicht tolerieren konnte und Angst vor ihr hatte. Danach mobilisierte ich das okulare Segment, oft indem ich ihn mit den Augen eine sich bewegende Kugelschreibertaschenlampe folgen ließ, begleitet von sanftem Druck auf den Brustkorb und empathischer Unterstützung beim Akzeptieren seiner tiefsitzenden Gefühle von Traurigkeit. Dies ermöglichte es ihm, große Mengen an unterdrückten Emotionen durch Schluchzen und Weinen zu entladen. Damit verschwanden die Panikattacken langsam und seine depressive Stimmung besserte sich erheblich. Während der 51. Sitzung wurde die Freisetzung von Traurigkeit von einer Kindheitserinnerung begleitet. Tief schluchzend erinnerte er sich, daß er als Kind sehr anhänglich und gefühlsbetont war, während sein Vater kalt und distanziert blieb. Diese Erinnerung mit dem damit einhergehenden Wiedererleben der Gefühle aus der Kindheit, ließ ihn seine Kindheit und die Not, die er verspürt hatte, tiefer verstehen und wertschätzen.

Jetzt, nachdem er 53 Sitzungen über einen Zeitraum von drei Jahren hatte, sind die Panikattacken dieses Patienten verschwunden und sein Blutdruck ist durchweg normal. Es gibt einige gelegentliche Beschwerden was Angst betrifft, "milde panik-artige Attacken", begleitet von erhöhter Muskelspannung im Brustsegment. Diese Spannung wird leicht durch das Hervorlocken von Weinen, indem man ihn auffordert, mit seinen Augen Bewegungen zu verfolgen, oder durch leichten Druck auf den Brustkorb beseitigt. Dies geht bei ihm einher mit dem Wahrnehmen und Tolerieren seiner Traurigkeit.

 

Zweiter Patient

Ein 30 Jahre alter Bankmanager kam wegen wiederkehrender Panikattacken und ausgeprägten depressiven Zuständen mit chronischem Jammern und Unzufriedenheit mit dem Leben zur Behandlung. Bis vor sieben Jahre war er bei guter Gesundheit gewesen, als eine plötzliche Tachykardie (Herzrasen) mit Panik auftrat, begleitet von Muskelverspannungen im linken Arm und dem linken Kopfwendemuskel. Er hatte kurz zuvor seine Freundin verlassen und war wegen eines scheinbar attraktiven Angebots in die Stadt gezogen, wo er aufgewachsen war. Jedoch stellte sich heraus, daß der Job nicht das hielt, was er versprach, und das Wohnen in der Nähe der Eltern reaktivierte zuvor ruhende Wut- und Minderwertigkeitsgefühle. Auch entwickelte er im Laufe der Zeit Sehnsucht nach seiner Freundin. Die Episoden von Tachykardie waren zunächst unregelmäßig, die Panikattacken folgten und wurden über einen Zeitraum von mehreren Monaten immer schwerer.

Der Patient war groß und dünn. Bei der Untersuchung auf der Couch hatte seine sehnige Muskulatur einen schlechten Tonus. Seine Augen waren in ihren Höhlen eingesunken und hatten einen ängstlichen Ausdruck. Sein Mund vermittelte einen depressiven Eindruck, seine Lippen waren dünn. Sein Hals-, Brust- und Becken-Segment waren gepanzert und steif gehalten. Die Atmung war oberflächlich und seine Stimme war rauh. Charakterologisch stellte er sich als ein Phalliker dar mit einem oral verdrängten Block. Oberflächlich wirkte er "fleißig und brav", war aber tatsächlich sehr kritisch und negativistisch. Jedes Mal, wenn ich etwas vorschlug, etwa Atmen, Rollen seiner Augen oder Strampeln, ging er höflich in Opposition und weigert sich meinen Anweisungen Folge zu leisten. Er meinte, ich sei autoritär und würde ihn kritisieren. Dies brachte ihn dazu, große Mengen an Schluchzen zu entladen, was mit seinem Gefühl zusammenhing, nicht verstanden zu werden.

Nach drei Sitzungen berichtete er, er hätte eine neue Episode von Panik durchlebt, zwar ohne Tachykardie, dafür aber mit sich plötzlich aufdrängenden Gedanken an Gewalt und Selbstmord. Begleitet wurden diese von der üblichen Muskelanspannung im Hals. Im Laufe von 20 Stunden, über einen Zeitraum von etwa einem Jahr, habe ich ständig auf sein oberflächliches Merkmal "Gewissenhaftigkeit" hingewiesen. Er reagierte mit Verzweiflung, schluchzte und weinte fast über gesamte Sitzungen hinweg. Dem folgte jedesmal große Erleichterung. Langsam schwanden im Verlaufe dieses Jahres seine Panikattacken. Sie wurden ersetzt durch Phasen von Trauer und Weinen, was der Patient sowohl in seinen Sitzungen als auch zu Hause zum Ausdruck bringen konnte.

Im Laufe des darauffolgenden Monats wurde zunehmend deutlich, daß sich hinter seinen Tränen Wut verbarg. In der 23. Sitzung wies ich ihn schonungslos auf seine Gewissenhaftigkeit und kritische Haltung hin und seine zunehmende oppositionellen Haltung wich unverhohlener Wut. Er protestierte lautstark: "Ich bin ein freier Mann! Ich mag nicht, wenn man mich herumkommandiert!" Woraufhin er tief zu Schluchzen begann und sich daran erinnerte, wie seine Mutter ihn stets herumkommandiert und ihm nie erlaubt hatte, frei zu sein. Er wurde sich bewußt, konnte es emotional nachempfinden, daß die Muskelspannung im Hals während all seiner vergangenen Panikattacken einer Abwehr- bzw. aggressiven Haltung entsprach, bei der er seinen Arm hob.

Im Laufe der Behandlung ging es dem Patienten sichtbar besser. Die Panikattacken sind vollständig verschwunden und er fühlt sich in seinem Leben viel zufriedener.

 

Diskussion

Zwei Fälle von Patienten mit Panikattacken wurden präsentiert. Beide erfuhren durch medizinische Orgontherapie eine deutliche Besserung. Diese Behandlungsmethode löste den Charakter- und Muskelpanzer auf. Dies führte zu verbesserten emotionalen Kontakt, der wiederum die Entlastung von lange unterdrückten Emotionen erleichterte. Die Freisetzung von unterdrückter Angst, Trauer und Wut in jedem betroffenen Segment führte zur Beseitigung der beunruhigenden Symptome des Patienten.

 

Literatur

  1. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 3rd Edition, Revised, Washington, D.C.: The American Psychiatric Association, 1987, 235-239
  2. The American Heritage Dictionary, New York: Houghton Mifflin Company, 1987
  3. Bonnefoy, Y.: Dizionario delle Mitologie e delle Religioni, Milano: Biblioteca Universale Rizzoli, 1981, 1341-1345